Ein eigenes Auto besitze ich nicht. Für Fahrten, die ich nicht mit Fahrrad oder Bahn machen kann, nutze ich ein Carsharing-Angebot – und bin damit seit nunmehr fast zwanzig Jahren überaus zufrieden. Und ich bin überzeugt, dass diese Art der Mobilität auch für viele andere sinnvoll sein kann – gerade jetzt, wo es mehr Arbeit im Homeoffice und weniger Geschäftsreisen gibt.
Im Gespräch mit Nachbarn, Kollegen und Bekannten erlebe ich auch oft eine gewisse Neugier – viele können sich aber wohl nicht recht vorstellen, wie das mit dem Carsharing im Alltag funktioniert. Deswegen dieser Beitrag, der folgende Fragen beantworten soll:
1. Wie kann ich beim carsharing einsteigen?
2. Wie laufen Buchung und Nutzung eines Autos in der Praxis ab?
3. Wie hoch sind die Kosten? Und natürlich:
4. Lohnt sich das für mich?
Die Anmeldung ist denkbar einfach. Man gibt seine persönlichen Daten und eine Kontoverbindung an, weist nach, dass man Inhaber eines Führerscheins ist (auch das geht online) und wählt einen Tarif, der sich an der erwarteten Nutzung orientiert. Für den zahlt man einen monatlichen Grundpreis. Bei meinem Anbieter beträgt der 0,00 € für Wenigfahrer und Studenten, 27,00 € für "Aktive" und 24,00 € für "Profis".
Wenn ich ein Auto nutzen möchte, buche ich für den betreffenden Zeitraum ein Fahrzeug. Das geht am schnellsten per Handy-App. Ich gebe Standort, gewünschtes Fahrzeug und Zeitraum ein. Steht ein Auto zur Verfügung, bestätige ich per PIN. Insgesamt ist das ein Vorgang den sogar ich als Vertreter der Boomer-Generation innerhalb von 15 Sekunden abschließen kann. Für den Fall, dass die gewünschte Buchung nicht möglich ist, werden andere Fahrzeuge, Zeiten oder Stationen angeboten. Das geschieht aber selten und in der Regel nur bei sehr kurzfristigen Anfragen.
Am Standort halte ich die Chipkarte, die ich vom Anbieter bekommen habe, entweder an einen Automaten am Parkplatz oder an ein Lesegerät im Fahrzeug. Der Schlüssel ist zugänglich und aktiviert, wenn ich auch hier meine PIN eingebe. Dann kann’s losgehen.
Die Kosten einer einzelnen Fahrt setzen sich aus einem Zeit- und einem Kilometerpreis zusammen. Bezahlt wird per Abbuchung vom Konto je nach Fahrtaufkommen ein- oder zweimal im Monat.
Preisbeispiel 1: „Sohn vom Fußballtraining abholen“
Hier habe ich das Auto zwei Stunden lang, dafür zahle ich 3 Euro. Und ich fahre 20 Kilometer à 20 Cent, also 4 Euro, zusammen 7 Euro. Wichtig: Die Kosten für den Treibstoff sind immer schon mit drin! Sollte das Auto betankt werden müssen, zahle ich das mit der Tankkarte des Anbieters, die sich im Fahrzeug befindet.
Kilometerpreis 7,00 € : 20 km = 0,35 €
Preisbeispiel 2: „Wochenendausflug zur Verwandschaft“
Samstag früh um 8:00 geht’s los, Sonntag 18:00 sind wir wieder daheim. Strecke 500 Km. (Ab dem 101. gefahrenen Kilmeter wird es günstiger.)
Kilometerpreis: 106,00 € : 500 km = 0,212 €
Preisbeispiel 3: „Fahrt zum Arbeitsplatz“
Morgens um 8:00 fahre ich von Köln nach Düsseldorf. (Ja, ich trau mich was!) Abends 18:00 Uhr stelle ich das Auto mit 80 km mehr auf dem Tacho wieder ab.
Kilometerpreis 31,00 € : 80 km = 0,3875 €
Über's Jahr gesehen...
bin ich im vergangenen Jahr insgesamt 5454 gefahren, mit Strecken zwischen 20 und 350 Km. Im Schnitt habe ich für den gefahrene Kilometer dabei – und zwar inklusive der Monatsgebühren! – 37 Cent gezahlt.
Laut einer Berechnung des ADAC kostet der gefahrene Kilometer bei einem eigenen Fahrzeug gleicher Bauart dagegen 67,5 Cent. (Für die Berechnung der monatlichen Kosten eines eigenen Fahrzeugs unter Berücksichtigung von Baujahr und jährlicher Kilometerleistung hier ein ausgezeichneter Rechner: Was kostet mein Auto?).
Anders ausgedrückt: Pro Monat hat Carsharing mein Budget mit 168 Euro belastet. Für ein eigenes Auto des gleichen Typs hätte ich bei der gleichen Anzahl gefahrener Kilometer dagegen 306 Euro bezahlt. Hinzu kommen in vielen Fällen noch Kosten für einen Garagen- oder Stellplatz.
Beim Carsharing zahle ich für den Platz, auf dem das Fahrzeug steht, gar nichts. Und muss mich ausserdem nicht um Reinigung, Wartung, Reparaturen, Reifenwechsel, Versicherung oder Steuer kümmern. Weiterer Vorteil: Ich kann bei meinem Anbieter ganz unterschiedliche Autos buchen. Einen kleinen Toyota Aygo, wenn ich besonders sparsam unterwegs sein will, einen Renault Kangoo oder einen Transporter, wenn ich den Keller ausgemistet habe und zum Recyclinghof fahre. Und wer meint, mit einem Ford Fiesta nicht ernst genommen zu werden, kann auch einen Ford Focus oder einen Volvo buchen.
Und für wen lohnt es sich nun? Als Faustregel gilt, dass carsharing bei bis zu 10.000 km Fahrleistung im Jahr günstiger sei als ein Privatfahrzeug. Ich glaube aber, dass man ein eigenes Auto schon über neune Jahre halten und mehr als 12.000 km im Jahr fahren muss, um finanziell tatsächlich besser wegzukommen – bei Interesse kann ich gern noch weitere Beispiele und Berechnungen nachliefern.
Als "weicher Faktor" kommt noch hinzu, dass ich das Auto wirklich nur dann nehme, wenn Fahrrad oder ÖPNV keine sinnvolle Alternative darstellen.
Für das Carsharing gibt es vor allem aber ein starkes ökologisches Argument: Ein stationsbasiertes Fahrzeug – das ich also an einem festen Platz übernehme und dort auch wieder abgebe – kann bis zu 13! Privatfahrzeuge ersetzen.
Ich finde, das sind gute Gründe dafür, dieses Modell ernsthaft in Betracht zu ziehen. Und wer einen Anbieter in der Nähe und schon einmal darüber nachgedacht hat, ob er das eigene Auto wirklich braucht, kann ja einfach mal risikofrei mit einem Basistarif ausprobieren, wie sich der eigene Alltag mit einem Carsharing-Auto meistern lässt.
Solltet ihr noch speziellere Fragen zu diesem Thema haben, so beantworte ich die herzlich gerne.
Weitere Informationen gibt es auch hier unter cambio-carsharing.
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